Botschaft des Heiligen und Großen Konzils der Orthodoxen Kirche

An erster Stelle wird hier die Einheit der orthodoxen Kirche verkündet. Sie ist die eine heilige, katholische und apostolische Kirche als göttlich-menschliche Gemeinschaft und keine Föderation autokephaler Kirchen. Ausdruck der Einheit ist die konziliare Organisation der orthodoxen Kirche.

Ein wichtiger Vorschlag wird hier dokumentiert: Das Heilige und Große Konzil soll eine regelmäßige Institution werden und alle sieben bis zehn Jahre einberufen werden.

Die orthodoxe Kirche verpflichtet sich zur Evangelisierung derer, die Jesus Christus noch nicht kennengelernt haben und zur Neu-Evangelisierung des Volkes Gottes in den modernen, säkularisierten Gesellschaften.

Dem Dialog mit nicht-orthodoxen Christen wird großer Wert beigemessen, jedoch soll das niemals einen Kompromiss in Glaubensfragen einschließen.

Fundamentalismus, der aktuell in verschiedenen Religionen zu beobachten ist, wird als krankhafte Religiosität bezeichnet.

Militärische Gewalt sowie Verfolgung, Vertreibung und Ermordung von Angehörigen religiöser Minderheiten, Zwangsbekehrungen, Schleuserkriminalität, Entführungen, Folter und Hinrichtungen werden verurteilt. Es wird an alle Beteiligten dieser Taten appelliert alle Anstrengungen zu unternehmen, um Flüchtlingen zu ermöglichen in ihre Heimat zurückzukehren. Behörden, Bürger und orthodoxe Christen der Länder, in denen Flüchtlinge leben, werden aufgefordert jede mögliche Hilfe zu leisten.

Die orthodoxe Kirche betrachtet die Ehe zwischen Mann und Frau und die daraus entstehende Familie als „kleine Kirche“.

Die orthodoxe Kirche dankt Gott, dass er den Wissenschaftlern die Gabe verleiht, unbekannte Dimensionen der göttlichen Schöpfung sichtbar zu machen. Mit Respekt vor der Freiheit der wissenschaftlichen Forschung, weist die orthodoxe Kirche darauf hin, dass mit den Vorteilen der Wissenschaft, die das tägliche Leben erleichtern, negative Folgen wie Verlust von Traditionen und Freiheit, Infragestellung von moralischen Werten und Umweltzerstörung einhergehen.

Gier, Geiz und Egoismus führen zu gedankenlosem Umgang mit Rohstoffen und der Verschmutzung der Umwelt. Sie sind auch Ursachen für die Wirtschaftskrise, die Umweltverschmutzung, den Klimawandel etc.. Der Mensch ist Verwalter und nicht Besitzer der Schöpfung. Auch zukünftige Generationen haben ein Anrecht auf die natürlichen Ressourcen unseres Planeten. Deshalb nimmt die orthodoxe Kirche eine aktive Rolle in den verschiedenen internationalen ökologischen Initiativen ein und hat den 1. September als Tag des Gebetes zum Schutz der natürlichen Umwelt bestimmt.

Die orthodoxe Kirche mischt sich nicht in die Politik ein, wird jedoch ihre Stimme zum Wohle des Menschen erheben. Die Menschenrechte sind eine Voraussetzung für das Wohl und die Freiheit der Menschen, auch für die Religionsfreiheit.

Junge Menschen, mit ihrem Drang nach Freiheit, Gerechtigkeit, Kreativität und Liebe, sind von besonderer Wichtigkeit für die orthodoxe Kirche. Junge Menschen sind nicht nur die Zukunft, sondern auch die dynamische und kreative Gegenwart der Kirche.

Der Auftrag der Orthodoxen Kirche in der heutigen Welt

Damit ist der Beitrag der orthodoxen Kirche zu Gerechtigkeit, Freiheit, Geschwisterlichkeit und Liebe zwischen den Völkern sowie zur Überwindung von Diskriminierung gemeint.

Die Verkündigung des Evangeliums ist der letzte Auftrag Christi. Zu diesem missionarischen Auftrag müssen alle orthodoxen Kirchen beitragen. Das geschieht nicht aggressiv, sondern in Liebe, Demut und Respekt vor der Identität eines jeden Menschen und der kulturellen Besonderheit eines jeden Volkes.

Die Würde des Menschen ist zu schützen und zu stärken. So werden in innerchristlicher Zusammenarbeit auch die Friedensbemühungen aller Christen mehr Gewicht erhalten.

Die Freiheit ist eines der größten Geschenke Gottes und zu schützen. Freiheit ohne Rücksicht macht Platz für das Böse und führt zu Gewalt, Krieg, Rassismus, sozialer Ungerechtigkeit, Verfolgung von Minderheiten, Umweltzerstörung und Hunger. Freiheit ohne Verantwortung und Liebe führt letztendlich zum Verlust der Freiheit.

Frieden und Friedenstiften ist eine wichtige Aufgabe der orthodoxen Kirche, die sich direkt aus dem Evangelium ableitet. Die Sünde jedoch ist eine Krankheit, die sich als Gegenteil des Friedens äußert. Ihre Symptome sind Konflikt, Streit, Verbrechen und Krieg. Die Kirche möchte nicht nur die Symptome, sondern die Krankheit selbst heilen.

Krieg wird generell verurteilt, denn er ist die Folge des Bösen und der Sünde. Die orthodoxe Kirche verurteilt auch die diversen Konflikte und Kriege, die aus religiösem Fanatismus entfacht werden.

Da das gesamte Menschengeschlecht aus einem einzigen Menschen erschaffen wurde, bekennt die orthodoxe Kirche, dass jeder Mensch unabhängig von Hautfarbe, Religion, Herkunft, Geschlecht, Nationalität oder Sprache die gleichen Rechte hat. Somit kann keine Art von Diskriminierung akzeptiert werden.

Die orthodoxe Kirche ist tätig in der Sorge für alle Schwachen und notleidenden Menschen aber auch im Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit. Angesichts der Wirtschaftskrise und der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich sagt die Kirche: „Eine lebensfähige Wirtschaft ist jene, welche Effektivität mit Gerechtigkeit und sozialer Solidarität verbindet“.

Beziehungen der Orthodoxen Kirche zur übrigen christlichen Welt

Die orthodoxe Kirche als die eine, heilige, katholische, und apostolische Kirche glaubt in tiefem kirchlichen Selbstbewusstsein fest, dass sie einen zentralen Platz im Prozess der Bewegung zur Einheit der Christen in der gegenwärtigen Welt hat. Ihr ist der Geit der Ökumenizität und Menschenliebe eigen und sie wird sich immer um die Wiederherstellung der Einheit der Christen bemühen. Dem Evangelium von Christus soll kein Hindernis bereitet werden. Dies geschieht auf der Basis der sieben ökumenischen Konzile.

Die Methode zur Durchführung theologischer Dialoge ist ausgerichtet auf die Lösung traditioneller theologischer Unterschiede oder der Feststellung möglicher neuer Unstimmigkeiten und auf der Suche nach den gemeinsamen Elementen des christlichen Glaubens. Ziel ist die Wiederherstellung der Einheit im rechten Glauben und in der Liebe.

Die Koordination von Dialogen und deren Abschluss soll auf panorthodoxer Ebene erfolgen.

Besondere Bedeutung bei ökumenischen Dialogen wird dem Weltkirchenrat gegeben. Die orthodoxe Kirche nimmt an der Arbeit des Weltkirchenrates teil, lehnt aber Ideen der „Gleichheit der Konfessionen“ und der „Einheit der Kirche als interkonfessionellen Kompromiss“ ab.

Die orthodoxe Kirche ist der Ansicht, dass jeglicher Versuch die Einheit der Kirche zu zerstören, der von einzelnen Personen oder Gruppen unternommen wird, zu verurteilen ist. Die Einheit der orthodoxen Kirche zeigt sich in ihrer konziliar-synodalen Struktur.

Das Mysterion der Ehe und seine Hindernisse

Der freie Bund von Mann und Frau ist die unerlässliche Bedingung für die Ehe.

Der Bund von Mann und Frau in Christus bildet „eine kleine Kirche, das Bild der Kirche“. Bedingung für die Ehe ist der Glaube an Jesus Christus, den Frau und Mann teilen müssen. Durch göttlichen Segen und die Liebe zwischen Mann und Frau wird die Ehe zur Grundlage der geheiligten Institution Familie. Ehe und Familie werden durch die Kirche und ihre Mitarbeiter geschützt. Dabei ist den Braut-/Eheleuten mit pastoraler Sensibilität und Verantwortung zur Seite zu stehen.

Gleichgeschlechtliche Verbindungen oder Formen des Zusammenlebens außerhalb der Ehe sind für orthodoxe Christen nicht erlaubt.

Die Vorschriften zu Ehehindernissen wegen Blutsverwandtschaft, verwandtschaftlicher Beziehung, Adoption, und geistlicher Verwandtschaft bleiben bestehen. Auch eine bestehende Ehe oder eine dritte Ehe gelten als Ehehindernis.

Grundsätzlich stellt das Priestertum kein Ehehindernis dar. Eheschließung nach der Priesterweihe oder dem Mönchsgelübde ist verboten.

Die Ehe von orthodoxen und nichtorthodoxen Christen ist verboten. Ausnahmen zum Heil des Menschen können jedoch unter Anwendung der kirchlichen Oikonomia mit pastoraler Sorge und gemäß den Traditionen der betreffenden autokephalen Kirche gestattet werden.

Die Ehe von Christen und Nichtchristen ist grundsätzlich verboten.

Autonomie und die Methoden ihrer Erklärung

Autonomie ist die relative oder teilweise Unabhängigkeit eines Kirchengebietes von der autokephalen Kirche, zu der es gehört.

Autonomie wird bei betreffenden autokephalen Kirche beantragt und kann nur durch die autokephale Kirche ausgesprochen werden. Die Entscheidung über Autonomie wird in der Synode der autokephalen Kirche getroffen.

Auf den Gebieten der Diaspora können nur autonome Kirchen eingerichtet werden, wenn durch Vermittlung des Ökumenischen Patriarchen panorthodoxe Übereinstimmung erzielt wird.

Die Bedeutung des Fastens und seine Einhaltung heute

Fasten ist ein göttliches Gebot, denn bereits im Paradies galt die göttliche Regel, dass alle Früchte erlaubt sind, außer den Früchten vom Baum der Erkenntnis. Sowohl im Alten Testament als auch im Neuen Testament gibt es mehrere Beispiele für das Fasten. Seit ihrem Bestehen verkündet die Orthodoxe Kirche das Fasten am Mittwoch und Freitag sowie die vierzigtägige Große Fastenzeit vor Ostern.

Fasten ist jedoch nicht alleine der (teilweise) Verzicht auf Nahrung, sondern ebenso ein Akt der Erkenntnis und der Barmherzigkeit. Insbesondere angesichts der Ungerechtigkeit in der Welt muss eine Konsequenz des Fastens sein, sich selbst zurückzunehmen, damit Hungernde, Arme und Notleidende unsere Aufmerksamkeit erhalten.

Fasten ist kein Zwang und niemand soll verurteilt werden, wenn er nicht fastet. Körperliche Schwäche, Krankheit, Not, Arbeitsbedingungen, Klima, regionale Besonderheiten oder die Unmöglichkeit Fastenspeisen zu finden, sollen von den orthodoxen Regionalkirchen im Sinne der Oikonomia mit Milde betrachtet werden, um den Gläubigen die Last des Fastens zu erleichtern. Das erleichtert auch uns Orthodoxen Christen in der Diaspora das Leben ein wenig. Berater für konkrete Fragen ist immer der Priester auf lokaler Ebene.

Vor dem Empfang der Heiligen Kommunion ist es den Gläubigen freigestellt mehrtägig zu fasten. Es soll lediglich ab Mitternacht keine Nahrung zu sich genommen werden.

Die Orthodoxe Diaspora

Die Orthodoxen Bischofskonferenzen, wie wir in Deutschland bereits eine haben, werden durch das Heilige und Große Konzil bestätigt und gestärkt.

Das Dokument beinhaltet hauptsächlich eine beispielhafte Satzung für Orthodoxe Bischofskonferenzen in der Diaspora. Zentraler Sinn darin ist die Darstellung der Einheit der Orthodoxen Kirche nach außen. Außerdem deckt sich diese Satzung des Konzils inhaltlich und über weite Strecken auch wörtlich mit der bereits existierenden Satzung der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland.

Fazit

Was als Panorthodoxes Konzil gedacht war, wurde am Ende nur ein Orthodoxes Konzil ohne die Beteiligung der Kirchen von Antiochia, Bulgarien, Georgien und Russland. Dennoch haben die fehlenden Kirchen ihre Spur in den abschließenden Dokumenten des Konzils hinterlassen.

Zentrales Merkmal aller Dokumente zum Heiligen und Großen Konzil 2016 ist das Streben nach Einheit der Orthodoxen Kirche. Also haben die Texte der Dokumente des Konzils den fehlenden Regionalkirchen die Türen offen gehalten zur Teilnahme an kommenden Konzilen. Die bekannten strittigen Themen wurden dabei ausgelassen.

Der wichtige Fortschritt des Heiligen und Großen Konzils 2016 ist, nach fast 1300 Jahren ohne Konzil, die Bekenntnis der Orthodoxen Kirche zur konziliaren/synodalen Struktur. Das unterscheidet die Orthodoxe Kirche von der katholischen Kirche. Daraus resultiert der dokumentierte Vorschlag alle sieben bis zehn Jahre ein Heiliges und Großes Konzil zu veranstalten. Angesichts der immer schnelleren Veränderungen in Technik, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sowie der Versäumnisse der letzten 1300 Jahren ist das nur konsequent und dringend nötig. Niemand erwartet, dass die Orthodoxe Kirche sich wesentlich verändert. Sie muss lediglich zu veränderten Rahmenbedingungen ihren Standpunkt und ihre Beziehungen aktuell definieren.

Für uns orthodoxe Christen in der Diaspora hat das Heilige und Große Konzil 2016 bereits kleine Fortschritte erreicht. Die Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland wurde als Institution bestätigt und gestärkt (wie auch andere Bischofskonferenzen in der Diaspora). Das unterstreicht die positive Wahrnehmung orthodoxer Christen in der deutschen Öffentlichkeit und macht Mut für die Zukunft. Somit erhält der Weg der Ökumene als Dialog unter Christen durch uns mehr Gewicht.

Auch die Art und Weise des Fastens darf jetzt von den alten orthodoxen Regeln abweichen und sich an persönlichen Bedürfnissen, regionalen Besonderheiten oder wirtschaftlichen Bedingungen orientieren. Das kommt uns in der Diaspora zu Gute und fordert den Priester als kompetenten Berater.

Am Ende hat die Orthodoxe Kirche einen fast zeitgemäßen Standpunkt gefunden. Annäherungen an die soziale Realität sind jedoch nur marginal. Für kommende Konzile wünschen wir allen orthodoxen Kirchen das erforderliche Maß an Offenheit und Gesprächsbereitschaft.